Gerd Gailing

Das Festtagsjackett
 

Der gute Ton, der stets entscheidet,
wie einer sich zum Feste kleidet,
der hat mich scheinbar nicht berührt,
denn meine Jacke ist kariert.–
Ganz früher hatt' ich einen Schneider,
doch der ist lang schon pleite, leider.
Da hat man mich denn eingeseift,
zur Herrenkonfektion geschleift
und Kurzerhand und mir zur Last
hier dies karierte Ding verpaßt.
Es hieß: Modern ist, was gefällt!
Doch bin ich Peter Frankenfeld?
Dann hieß es: Mann. die steht ganz groß!
Sie ist das Top-Modell von Boss!
Als in den Spiegel ich geschaut,
fand ich saublöd die zweite Haut.
Doch dacht' ich: Was kann schon geschehen?
Warum in Sack und Asche gehen?
Warum denn sollten alte Knaben
nicht auch was von der Mode haben?
Allmählich kam es über mich.–
Ich fand nicht mehr so fürchterlich
das Muster und auch nicht den Stoff.
So langsam wich der Karo-Zoff.
Ich sagte mir: Na, alter Mann,
zieh ruhig die Klamotte an!
sah einfach mit der Mode mit!
Manch einer trägt ganz anderen Schiet,
trägt oben Smoking, unten Jeans,
das Hemd verkehrt und andre Spleens,
selbst Weiberröcke zieht man an
und hält sich für den feinen Mann.
Und andere, nicht minder fein,
tun Pfauenfedern hinten rein
und finden dieses Accessoire
sehr elegant und wunderbar.
Aus dieser Sicht ist mein Jackett
die reine Konfektionsdiät.
Und ich bin damit ganz im Trend.
Ist meine Jacke nicht dezent,
nicht fast ein exklusives Wams,
ganz würdigt eines Bräutigams?
So sind, wie hier zu hören war,
Geschmack und Mode wandelbar.
Erst denkt man: Mensch, der ist verrückt!
Doch bald darauf ist man verzückt.–

Dies war die Story von der Macke des Herrn mit der karierten Jacke.